* 1928
© beim Autor Nun findest du dein Warten
Hingesunken,
Verwirrend wie ein
sonnenferner Traum
Am blaugetönten späten
Wolkensaum.
Dein Tag verweht, stiehlt
deines Lachens Funken.
Du wandre in den großen
Dunkenraum
Und atme neue Hoffnung
silbertrunken.
Schon hat der Mond die Stunde
eingewunken,
Doch Abschied düstert über
deinem Traum.
Und trinke noch, und atme und
verlasse
Den trauten weg, den
Abendstern erfasse,
Dein Sehnen wird die Nacht,
dein Beten sein.
Verwische nicht die Sehnsucht,
sie allein
Ist heller als die abendliche
Gasse.
Verweile nicht, die dunkle
Stadt verlasse.
* 1928
© beim Autor Die Sonne leistet schon
Verzicht.
Es ist nicht leicht das Feld
zu räumen,
Wo wir noch still vom Strandkorb
träumen.
Das Jahr macht seine letzte
Schicht.
Nur spärlich hängt noch Laub
an Bäumen,
Sie rüsten stumm zur
Winterschicht,
Bevor der erste Frost sie
sticht
Und werden schon vom
Nächstlenz träumen.
Wir schieben Hüte auf den
Scheitel.
Nebel kriechen klamm, und bald
Sind wir vergrippt und nicht
mehr eitel.
Den Pfützen wird die Haut
schon kalt,
Der Tag schleicht bläßlich wie
ein Greis.
Jetzt steigt gewiß der
Pillenpreis!
* 1928
© beim Autor Hallo, Deutschland eins und
Deutschland zwei!
Liebe Brüder, Schwestern,
hüben, drüben.
Die Mauer fiel, nun dürft Ihr
Freiheit üben,
Damit der Osten wie der Westen
sei.
Neue Eintracht zählt nicht
zweierlei,
Mit Beschränkung grenzfrei
denken üben,
Offen reden lernt in kleinen
Schüben,
Dann ist kein neues Risiko
dabei.
Fleiß und Ehrlichkeit im Recht
auf Einheit,
Lerne, deutscher Bürger, diese
Feinheit,
Quasi ohne Stasi, nicht wie
gestern.
Doch dient dem Mammon nie, ihr
Brüder, Schwestern,
Währung, Kaufkraft sollen
nicht allein
Glück der schwarzrotgoldnen
Bindung sein.
* 1928
© beim Autor Wir sind zu eitel geworden,
Wir haben zu viel gelernt
Und Evas Apfel entkernt.
Wir lernten mit Liebe zu
morden.
Wir haben viel Zukunft
gepredigt.
Die Gegenwart wird zu kurz,
Wir lernten aus manchem Sturz,
Doch haben zu wenig erledigt.
Bei Gott, wir tragen den Kopf
Zuweilen ein wenig zu hoch!
Sind wir zum Herrschen
geschaffen?
Wir griffen der Welt in den
Schopf.
Und Darwin flickte ein Loch
Zwischen uns und den Affen.
* 1928
© beim Autor Das alte Jahr wird lärmvoll
ausgelobt.
Inzwischen hat der Mensch
dazugelernt.
Nur Frieden nicht, der ist
noch weit entfernt.
Ein Krieger bleibt am liebsten
kampferprobt.
Schon immer hat der Mensch
sich ausgetobt.
Von Kindheit an manch faule
Frucht entkernt,
Statt Kriegen nur das
Kriegsspiel recht erlernt.
Ach, hätt’ er doch Humaneres
geprobt!
Und wieder wird ein neues Jahr
begangen.
Und abermals der alte lärm
erneuert,
Lautstark, was kracht und
stinkt, gefeuert.
Es kann der Mensch am Frieden
ehrlich hangen!
Doch wenn er knallt und
Antikrieg beteuert,
Bleibts Widerspuch. Er hat
sich nicht erneuert.
* 1928
© beim Autor Du hast kaum von der Ewigkeit
getrunken.
Der Kelch ruht kühl in deiner
heißen Hand.
Noch soll der Sommer schäumen
bis zum Rand,
Sein Lachen perlen hell von
Sternenfunken.
Gieß ein die Zeit, die körnige
aus Sand.
Der Kelch nimmt hin den Tag,
der eingesunken
Im blanken Grund sich weidet
sonnetrunken,
Und freue dich des Lichts, das
zu dir fand.
Du stehst vor Abschied dann
und Neubeginn,
Begreifst den unbenannten
späten Tag
Schon als frühes Maß von
Ewigkeit.
Nun lerst du Dank für einen
Tropfen Zeit,
Der auf dem Grunde deines
Wähnens lag
Als deiner kleinen Ewigkeit
Gewinn.